Page 22 - VETREALITY_IO1_E-COMPENDIUM_ger
P. 22

Räumen selbstbewusster zu sein, da der soziale Gruppendruck wegfällt, und sich aktiver am Lern-
                 prozess zu beteiligen.


                 In diesem Zusammenhang kommt auch die praktische Komponente ins Spiel: SEN-Lernende brau-

                 chen für bestimmte Übungen länger als andere und müssen sie öfter wiederholen, bis der Lernef-
                 fekt einsetzt. Dies ist beim analogen Lernen nicht immer möglich, weil oft einfach die Zeit dafür

                 fehlt oder Lernmaterialien nicht immer über einen längeren Zeitraum zur Verfügung stehen (z.B.

                 Maschinen im WBL). Auch hier löst VR das Problem ganz einfach: in der virtuellen Welt können
                 SEN-Lernende völlig unabhängig von Ort und Zeit endlos Übungen machen oder Aufgaben in ihrem
                 Tempo wiederholen, ohne jeglichen sozialen Druck durch eine Gruppe. Und das Beste ist: Wenn

                 die Hard- und Software einmal angeschafft ist und die Lernenden weitgehend selbstständig damit

                 arbeiten können, fallen keine weiteren Kosten an, egal wie oft und wie lange man damit lernt und
                 übt, was in der analogen Welt weder möglich noch bezahlbar wäre.


                 Die  Anwendbarkeit  von  VR  scheint  nicht  auf  eine  bestimmte  Gruppe  von  SEN-Lernenden  be-

                 schränkt zu sein; die Fokusgruppen sehen Möglichkeiten für jede Art von geistiger, intellektueller,
                 körperlicher oder motorischer Behinderung. In diesem Zusammenhang werden jedoch auch kriti-

                 sche Stimmen laut und es wird vor Schwächen und möglichen Nachteilen bei der Arbeit mit VR
                 gewarnt. Gerade bei der Arbeit mit jüngeren Menschen und/oder Menschen mit psychischen oder

                 geistigen Einschränkungen sollte man die negativen Auswirkungen einer verblüffend real wirken-
                 den virtuellen Welt nicht unterschätzen. Sie kann zu Angstzuständen, völliger Selbstüberschätzung,

                 Verlust der realen räumlichen Orientierung und vielem mehr führen. Die Folgen können die völlige
                 Irritation der Lernenden sein und es kann zu Unfällen kommen (z.B. wenn man sich unkontrolliert

                 und ohne Wahrnehmung der Realität durch reale Räume bewegt). Neben den realen Gefahren
                 sind auch die rechtlichen und physikalischen Rahmenbedingungen zu beachten: Ohne die Zustim-

                 mung der Erziehungsberechtigten dürfen viele Lerngruppen nicht dem Stress der VR ausgesetzt
                 werden und viele der Headsets sind noch zu schwer, so dass sie bei längerem Tragen (schon ab 10

                 min) zu muskulären Beschwerden im Nackenbereich, Kopfschmerzen etc. führen können.


                 Wir verfolgen in unserer Arbeit generell einen offenen, inklusiven Ansatz und entwickeln Lernma-
                 terialien, die im Unterricht mit allen Lernenden eingesetzt werden können, unabhängig davon,

                 welche besonderen Bedürfnisse oder Beeinträchtigungen er/sie hat. Unsere Aufgabe sollte es sein,
                 die Lehrkräfte in der beruflichen Bildung mit der VR-basierten Lernmethode so weit vertraut zu

                 machen, dass sie schließlich in der Lage sind, VR in ihren Unterricht zu integrieren, immer zuge-

                 schnitten  auf  die  Bedürfnisse  ihrer  Lernenden.  Dennoch  möchten  wir  an  dieser  Stelle  alle,




                                                            22                          2020-1-IT01-KA202-008380
   17   18   19   20   21   22   23   24   25   26   27